Alexander Ruhe:  1635 - Frankfurter Landsknechte plündern das Nachbarstädtchen Homburg. Juli 2022

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

1622 war für den jüngsten Sohn des hessen-darmstädischen Landgrafen ein eigener Zwergstaat geschaffen worden - Hessen-Homburg. Dieses Ländchen, dass der neugeschaffene Landgraf Friedrich der I. nun regierte, umfasste Homburg vor der Höhe (heute Bad Homburg) und noch vier Dörfer drumherum. Obwohl Friedrich die Bürger seines Residenzstädtchen Homburg bewaffnen ließ, der Dreißigjährige Krieg hatte auch das Rhein-Main-Gebiet erreicht, blieb das Ländchen Hessen-Homburg mit seinen 1622 gerade einmal 2500 Einwohnern (1635, nach Jahren des Krieges, werden es deutlich weniger gewesen sein) ein Spielball der durchziehenden Heerhaufen beider Seiten. Als 1634 kaiserliche Kroaten in Homburg einrückten, und der Landgraf sein Ländchen im Stich ließ und nach Gießen floh, sah man das in Frankfurter Soldatenkreisen als "Landräumerei" an und wollte den wenig kriegerischen Friedrich wieder auf Spur bringen.

In einer Geheimoperation zogen in der Nacht vom 13. auf den 14.April 1635 (julianischer Kalender, 23./24.April gregorianischer Kalender, der damals aber in Frankfurt noch nicht galt), nachdem der lange und harte Winter endlich vorbei war, 180 Frankfurter Landsknechte unter ihren Hauptleuten Hartmann Pfannkuch und Quirin Bader nach Homburg, drangen am unteren Stadttor und über den Kirchhof in die Stadt ein und wollten Friedrich als Geisel nehmen. Dummerweise war Friedrich aber immer noch in Gießen und so war der Coup erfolglos. Die Landsknechte aber, die wohl ihre Belohnung schwinden sahen, plünderten nun Homburg und die umliegenden Dörfer, was die Homburger auch widerstandslos geschehen ließen.

Trotz des Plünderverbotes ihrer Hauptleute und einer Alarmierung der Wachmannschaften an Frankfurts Stadttoren, gelang es den Landsknechten ihr Plündergut, das hauptsächlich aus Lebensmitteln bestand, in die hungernde Stadt Frankfurt hineinzuschmuggeln und dort sofort zu verkaufen.

Aus Homburg und vom Landgrafen trafen nun Massen von Beschwerdeschreiben und auch Entschädigungsforderungen ein, was den Magistrat der Stadt Frankfurt unangenehm berührte, hatte man von diesem Gewaltstreich doch gar nichts gewusst und ihn schon gar nicht angeordnet.

Aus Homburg traf nun eine Kommission ein, der die Frankfurter Garnison am 18.Mai 214 Reichstaler (ca. 6 kg Feinsilber) an Entschädigungen aushändigen musste. Dieses Geld wurde Frankfurts Soldaten später vom Sold abgezogen. Hauptmann Pfannkuch war im hessischen begütert und fürchtete wohl persönlich zu Entschädigungen herangezogen zu werden.

Mit dieser prompten Entschädigungszahlung war man wohl etwas voreilig gewesen gewesen, denn im August 1635 wechselte Frankfurt die Seiten, trennte sich von den Schweden und ging wieder zu den Kaiserlichen über (Schlacht an der Alten Brücke, eine Geschichte, die ich schon in meiner Hörbuch-CD von 2009 aufgegriffen hatte)). Damit stand Homburg wieder auf Seiten des Feindes und hätte keine Entschädigungen zu erwarten gehabt. Im Februar 1638 unternahmen die Frankfurter einen ganz ähnlichen Zug nach Hanau und "befreiten" dieses von den Schweden.

Kurz nach Veröffentlichung dieses Internetartikels, wurde der Artikel auch in der in Bad Homburg gelesenen Taunus-Zeitung veröffentlicht. Aus einer alten Zeitung ins Internet, aus dem Internet in eine neue Zeitung - der Kreis schließt sich!

 

 

 

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